Redaktion Neubadmagazin, 07.04.2013
Die ursprüngliche Begeisterung kann schnell auch mal zur Entgeisterung führen. Voller Tatendrang habe ich mich gleich Anfang 2013 für den Freiburg-im-Breisgau-Halbmarathon angemeldet. Angeber. Mein Neffe Raphael findet, was der Alte kann, kann er schon lange. Jugendlicher Tatendrang eben.
Peter, die Einmannsupport-Truppe, macht uns vor allem Mut, im Zweifel aufzugeben. Denn die Knie plagen sowohl mich und jetzt auch Raphael. Also kein unnötiges Heldentum, meine Herren. So in etwa der Tonfall von Peter, dem Coach.
Bewaffnet mit Perskindol, Aspirin und Hoffnung wanken wir beide an den Start bei der Messe Freiburg. Wie immer verabreden wir auch jetzt, dass jeder für sich selber schauen soll. Beim Wettkampf läuft jeder für sich alleine. Punkt.
Fazit: wir sehen uns nach 21 Kilometer im Ziel. OK?
«Peng!» Der Startschuss fällt mit dem Radio Regenbogen Moderator in extra Lautstärke und es läuft. Meine Nase auch. Schon bald taucht die erste der angekündigten 42 Bands auf. Kreischende Gitarre, dröhnender Bass und fordernde Drums - da läuft es sich gleich besser. Die Nase auch. Die Organisation ist auch beim zehnten Freiburgmarathon vorbildlich. Die Strecke ist hervorragend und vor allem abwechslungsreich, sodass man kaum vorausahnen kann, was nach der nächsten Biegung zum Vorschein kommen mag. Da sich die Temperaturen bei frühlingshaften 10 Grad eingefroren haben, sind nicht allzu viele Zuschauer am Strassenrand. Dennoch sind einige Familien mit Kindern, Grosseltern und sonstigen Schaulustigen am Klatschen, Rufen, Lachen und Motivieren. Laufend. Wie meine Nase.
Abgelenkt von den rasselnden und keuchenden Geräuschen aus meiner Brust und meinem Mund konzentriere ich mich mehr auf die Umgebung. Was ist denn das? Knallrote Schilder an den Telefonmasten. Aha, in Freiburg scheint es einen Sado-Maso-Club zu geben, der auch Läufer an den Halbmarathon schickt. Die diesjährige Auserkorene des Clubs heisst Hannah. Dies erklärt auch die eindeutigen Aufforderungen... wozu auch immer. Im Hinblick auf meinen aktuellen Zustand bei Kilometer 7 nicke ich leicht mit dem Kopf und denke: «Mach ich doch schon!» und laufe weiter. Die Nase auch.
Zwischendurch meldet sich mein Knie: «Hey Digge, ych kah au anders!» und schon schmerzt es wieder etwas. Aber als gut ausgebildeter Ignorant zucke ich nicht mal mit der Wimper. Nur die Nasenflügel beben etwas. Aber sie läuft noch.
Meine Strategie, nur die durchlaufenen Kilometer zur Kenntnis zu nehmen, macht sich bezahlt. Das Schild «19» könnte ich umarmen, sind es doch nur noch läppische 2 Kilometer bis zum Zeileinlauf. Ah ja - da ist ja die Brücke zur Messe runter. Einspuren? Aha, rechts geht's ins Ziel und links in die zweite Runde für die Vollmarathonis. Uff, tief einatmen und duureseggle. Gefühlt bin ich schon seit über drei Stunden unterwegs. Aber das ist völlig wurscht, denn ankommen ist die Hauptsache. Apropos Wurst... nö, das muss warten.
Die letzten 200 Meter werden die restlichen Kräfte mobilisiert - sind da überhaupt noch welche? - und keuchend, schleppend, aber strahlend durch den Torbogen der Marathonglückseligkeit gewankt. Die Nase auch.
Raphael steht mit Peter beim Zieleinlauf. Peter strahlt, Raphael weniger. Sein Knie meinte nach 2 Kilometer: «Das wär's gsyy fyr hüt, verschtohsch?». Aufgeben ist für einen Sportler mit Ambitionen immer hart. Vor allem, wenn die Kondition so hervorragend fit ist und einzig das Knie einen Strich durch die Rechnung oder eben einfach nur Zirkus macht. So ein Pech. Aber den Mut zum vernünftigen Aufgeben bedeutet eine grosse Leistung. Respekt, Raphael!
Dann bis zum nächsten Lauf mit oder ohne Knie. Sali zämme.
du hast meine VOLLE, VOLLSTE, ABSOLUTE Bewunderung!
:-) Danggscheen Beatrice. Vor allem dafür, dass ich erstens den richtigen Zug nach Freiburg und dann das Ziel beim Halbmarathon erwischt habe?
suuper hochachtung.find ich spitze 👍🏃😜😀
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