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Wer will denn in die Breite schweifen?

25.05.2014

Die unglaublichsten oder lustigsten Geschichte lauern. Meist an der nächsten Ecke. Da kommt die Langsamkeit der Fortbewegung einigen Geschichten zugute, die man sonst gut und gerne übersehen hätte. Nach dem Sonntagsjogg - peng - eine wundersame Begegnung. Und zwar an einer Hecke, nicht Ecke.

Etwas müde und mit schleppendem Schritt, aber weit geöffneten, blinzelnden Augen treffe ich am Birsköpfli ein. Die morgendliche Sonntagsstimmung ist ruhig, fliessend und plätschernd. Ein paar Läuferinnen und Läufer kreuzen meinen Weg. Ist ja auch ein Kreuz mit dem... Nun, verschwitzt und hungrig versuche ich mich zu erinnern, wo denn verflixt nochmal die Tramstation vom Dreier ist. Soll ich zurück zur Brücke, die Birsfelden mit Basel verbindet? Denn da fährt der grüne Wurm ja entlang. Nein, die nächste Abzweigung links bis zur Hauptstrasse, dann wird's schon stimmen.

Diese kleine Strasse entlang einer grässlich hohen Mauer der Schwarzwaldbrücke nimmt die Sonne weg. Auf der anderen Seite sind die geduckt stehenden Schrebergartenhäuschen. Kurz vor der Kreuzung steht ein kleines Häuschen, das irgendwie zu schwitzen scheint. Vom kleinen Gartenhag läuft Wasser übers Trottoir auf die Strasse. Ach, da bückt sich jemand mit Giesskanne zu den Pflanzentöpfen und giesst... und giesst... und ... Ich grüsse. Und jemand  grüsst durch die Hecke zurück. Beim Blick über den Gartenhag entdecke ich Wundersames und völlig Unerwartetes. In diesem besagten kleinen weissen Knusperhäuschen scheint es eine sonnendurchflutete Bar zu geben. Weisser Tisch mit Barhockern, Getränketafel, weisse Orchideen und einen kleinen Kronleuchter springen mir ins Auge. Also fünf Schritte zurück zu der freundlichen Heckenschützerin mit der Giesskanne. «Äxgüüsi, isch d'Bar scho offe?» Schliesslich wäre ein kühles Wasser und ein dampfender Espresse genau das Richtige. «Das isch privat, kai Bar, aber wänn Sie ebbis dringge?» Oh? Gerne.

Das Märchen vom Hexenhäuschen, das aussen nicht besonders aussieht, beim Eintreten aber lauter hübsche und wunderbare Details freigiebt, schiesst mir durch den Kopf. «Ych haiss Carmen» stellt sich mir die Gastgeberin vor. Sie hat dieses ehemals abgewrackte Häuschen vor zehn Jahren gekauft und mit vielen tollen Ideen umgebaut. Südliches Flair, Kronleuchter am richtigen Platz, eine herrliche Terrasse auf der Garage gibt den Blick auf die Birs frei. Und lässt südländische Wohn- und Lebensgefühle aufkommen. 

Einen Espresso, ein paar Bilder und Tausender neuer Eindrücke später verabschiede ich mich von Carmen. Was für eine sonntäglich-herrliche Überraschung.

Fazit: Langsames Joggen und die richtige Portion Neugier bringen tolle Geschichten zutage.


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