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Weltmärz am Zwölften

12.03.2015

Die Erinnerung ist etwas getrübt. Es standen einfach viel zu viele Menschen im Weg. Die Hektik war eher ungewöhnlich für meine Mama. Sie war meist ausgeglichen und ruhig. Aber am 12. März 1955 war eher Rock'n'Roll im Kreissaal angesagt. So sagte man mir...

Die Hebamme strahlt übers ganze Gesicht, runzelt aber gleichzeitig die Stirn. Selbstverständlich hat das meine Mama angesteckt. Mit ängstlicher Stimme fragt sie: "Isch öbbis nid guet?", "Doch, doch, Frau Wehrli, aber mit däm Bueb wärde Sie Ihr blaus Wunder erlääbe. Dää Hoorwirbel uff em Kopf sait scho alles. Dä Bueb wird sich nüt saage losse!"

Eine Aussage mit wenig erbaulichem Hintergrund für eine soeben entbundene Frau. Aber Mama hat es mit Würde und mich ertragen. Sechzig Jahre Leben? Das sind heute nicht mal die Anfänger unter den Senioren. Eher die Rookies. Die Unbedarften. Da wird gerockt und gelockt mit Angeboten 60 Plus... Altern hat seinen Schrecken zum Teil verloren.

Ich bin sechzig. Na und? Ich bin ja schon froh, überhaupt dieses Alter erreicht zu haben. Damals mit fünfzehn, als Janis und Jimi dem "Club 27" beigetreten sind, habe ich mir eher Sorgen um meine wahrscheinlich kurze Zukunft gemacht. Inzwischen ist aus der Zukunft etwas Vergangenheit geworden. Mit vielen Geschichten.

Die Sechs mit einer Null ist einfach eine schöne Zahl. Sex im Alter auch. Null Bock gibt's nicht. Der grösste Vorteil bei diesem Jahrgang? Die Gelassenheit und die noch immer wache Neugier. Die einzige Gier, die mir sympathisch ist.

Ich wünsche allen heutigen Geburtstagskindern einen sonnig-fröhlichen Tag und viel, sehr viel Selbstironie. Denn das können wir!

12. März 1955

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